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Lift ME!

Es ist gar nicht so einfach, eine Mitfahrgelegenheit zu finden. Zumal, da ich bisher nicht in den herkömmlichen Backpacker-Unterkünften gewesen bin. Daher habe ich versucht über Facebook und Gumtree jemanden zu suchen, der mich bis nach Coffs Harbour mitnehmen kann. Zuerst hat sich ein Brasilianer gemeldet, dieser erwies sich aber nach einigen Telefonaten und SMS als etwas gruselig … Vielleicht habe ich ihn auch nur falsch verstanden, aber er sagte, dass er gerne wissen wolle, ob es mit mir nachts EASY ist. Daher entschloss ich mich, jemanden anderen zu suchen. Auf Gumtree fand ich Nick einen Australier aus Melbourne, der sehr nett am Telefon klang und mich gerne mitnehmen wollte. Um Kosten zu sparen, suchte ich noch ein Mädchen, die mit uns reisen würde. Ich freute mich riesig, jemanden in kürzester Zeit gefunden zu haben. Am Mittwoch bereitete ich dann alles vor, um Freitagmorgen früh starten zu können. Abends bekam ich dann noch ein Angebot einer jungen Frau, die mich am nächsten Tag mitnehmen könnte. Da ich aber Nick zugesagt habe und wir uns Donnerstag mit der Amerikanerin treffen wollten sagte ich ab. Am nächsten Morgen rief mich Nick an und sagte mir, dass sich ein Paar gemeldet hat und mit ihm nach Surfers Paradiese reisen würde. Somit trennten uns unsere Wege wegen 104€ Spritkostenersparnis. Ich war also gezwungen, jemand Neues zu finden. Mein erster Versuch war das Angebot der jungen Lady doch anzunehmen. Sie wollte wegen des Verkehrs nicht in die „Innenstadt“ von Sydney fahren und ich sollte einen Zug in den Norden nehmen, wo sie mich in 1 ½ Stunden abholen könne. Allerdings braucht allein der Zug schon 1 Stunde und ich müsste noch 1 km mit meinem Gepäck zu Bahnhof rennen. Also schloss ich diese Möglichkeit aus und kaufte mir online für 50€ ein Zugticket ins 530 km entfernte Coffs.

Am Freitag sprang ich dann früh aus den Federn und begab mich auf die 9-stündige Zugfahrt (mit dem Auto wären es 6h gewesen). Weil ich sehr müde war, freute ich mich auf eine entspannte Zugfahrt ohne Sitznachbarn. Allerdings saß hinter mir ein schlecht riechender Mann. Aber ich sagte zu mir, dass es immer noch besser ist, wenn er nicht neben mir sitzt. Kurze Zeit nach diesem Gedanken stand er vor mir und sagte, dass es wahrscheinlich besser sei, er säße auf dem Platz, der in seinem Ticket vermerkt ist. Ich machte ihm also Platz, damit er sich setzten konnte. Da ich wissen wollte, mit wem ich es zu tun hatte, fragte ich ihn, wo er herkommt. Schließlich sitzen wir ja 9h nebeneinander. Er sagte mir, dass er ursprünglich aus Hamburg kommt und Jörg heißt. Wie zu erwarten kam eins zum anderen und das Gespräch wurde leider auf Deutsch weiter geführt. Jörg war nämlich froh nach 25 Jahren wieder deutsch zu sprechen und erzählte mir aus seinem Leben. Ein Leben, das sich nicht so entwickelt hat, wie er es sich erträumt hat. Weil er es in der Schule in Deutschland nicht einfach und seine Lehre abgebrochen hatte ging er nach Griechenland, wo er seine Frau kennenlernte. Leider ging die Beziehung in die Brüche und er wurde arbeitslos. Den Zug nach Grafton musste er nehmen, weil er auf dem Weg zum Gericht war. Jörg sagte mir, dass er Alkoholiker ist und teilweiser in einem Zelt auf der Straße schläft. Der Grund, weshalb er vor Gericht musste, war trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit. Weil er so traurig klang, habe ich ihn gefragt, ob er sein Leben ändern möchte. Er sagte mir, dass er jetzt an Gott glaube und versuchen will trocken zu werden. Leider hat er allein auf der Zugfahrt 6 Bier. Er fragte mich nach meinem Rat und ich versuchte ihm bestmögliche Empfehlungen zu geben. Was mit Jörg passieren wird, weiß ich nicht. Ich wünsche ihm aber, dass er seinen Weg findet und die traurige Vergangenheit hinter sich lassen kann.


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